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Unerwartete Schwierigkeiten und wie wir damit fertig wurden

Unser erstes Flugticket ging von Kristiansand nach Kopenhagen und von dort weiter nach London.

In Norwegen wird wegen unzureichender Einigung bei Lohnsverhandlungen gestreikt. Die Lohnsverhandlungen beginnen meistens im April, ziehen sich bis in den Mai, und wenn man bis dahin nicht einig ist, wird gestreikt. Völlig legal und fast jedes Jahr wiederkehrend. Dieses Jahr ist das Hauptthema beim Lohn: gleicher Lohn. Das kann man entweder geschlechterspezifisch sehen: gleicher Lohn für Männer und Frauen bei gleicher Arbeit oder aber im Zusammenhang zwischen Ausbildung und Arbeitsplatz: gleiche Ausbildung/Arbeit soll gleichen Lohn geben, egal, ob man im öffentlichen Bereich oder in der privaten Industrie arbeitet. Da gibt es natürlich eine ganze Menge zu verhandeln und von gleichem Lohn ist sowieso nicht die Rede, nur von einer Annäherung. Aber es ist ein wichtiges Thema, denn viele etwas besser ausgebildete junge Lehrer (z.B. mit einem Bachelor oder Master in einem naturwissenschaftlichen Fach) verschwinden ganz schnell wieder aus dem Schuldienst und finden besser bezahlte Stellen in der Industrie. Norwegen steht demnächst ein riesiger Lehrermangel bevor, weil ein Großteil der Lehrer über 50 ist und nicht genug neue nachkommen. Die Lehrer haben sich schon nach 2 Wochen Streik geeinigt, aber die Sicherheitsleute nicht. Deswegen war unser Flughafen (Kjevik in Kristiansand) gesperrt (ohne Sicherheitsleute keine Kontrolle, also auch keine Flüge!) und wir mussten eine andere Möglichkeit finden, um von Kristiansand nach Kopenhagen zu kommen. Denn Kopenhagen liegt bekanntlich in Dänemark und da wurde grad nicht gestreikt. Von dort konnten wir dann ganz normal mit dem Flugzeug weiter nach London fliegen.

Natürlich war alles immer ganz aufregend und undurchsichtig, denn keiner wusste, wann der Streik aufhört. Die Fluggesellschaft wollte, dass wir warten, schließlich sollte ja Sonnabend vormittag (19.6.) eine neue Verhandlungsrunde anfangen – viel Zeit, bis unser Flug am 20.6. um 6:20 (morgens!) abfliegen sollte. Weder die Fluggesellschaft noch unsere Versicherung waren dafür zuständig, uns rechtzeitig nach London zu bringen. Hätten wir nur eine Shoppingreise nach London vorgehabt, wäre es ja auch nicht so schlimm gewesen, aber wir hatten Tickets für einen Flug nach Australien, den wir auf keinen Fall verpassen wollten (der war leider bei einer anderen Gesellschaft gebucht als die Reise nach London). Auch gab es keine Plätze mehr für einen Flug von Oslo nach London, jedenfalls nicht beim Service, wo wir hätten umbuchen können (Oslo war vom Streik weniger betroffen – es gab nur längere Wartezeiten). Im Internet gab es anscheinend noch Plätze – zum vollen Preis, extra und neu von uns zu bezahlen….. Außerdem war nicht ganz klar, ob der Streik weiter ausgedehnt und dabei auch der Flughafen in Oslo gesperrt wird. Schließlich entschlossen wir uns, mit dem Auto (und der Fähre) nach Kopenhagen zu fahren. Allerdings geht unser Rückflug von London über Oslo, wir kommen also nicht mehr in Kopenhagen vorbei (von astronomischen Parkgebühren mal ganz abgesehen). Was tun? Zum Glück haben wir eine abenteuerlustige Freundin, Anita aus Neuseeland. Sie kam mit uns nach Kopenhagen und fuhr das Auto wieder zurück. Tusen takk, Anita!

Natürlich war es nicht ganz so einfach. Fährtickets gab es zum Glück noch (sogar noch ein relativ günstiges Hin-und Rück-Paket), aber wir mussten schon einen Tag eher abreisen, und dabei war noch soooo viel zu erledigen. Außerdem braucht man von Hirtshals bis Kopenhagen nur etwa 5 Stundne mit dem Auto – was machen 6 Leute von 1 Uhr morgens bis 12 Uhr mittags, wenn das Flugzeug losfliegt? Das Vorbereitungsproblem lösten wir durch harte Arbeit und Anita, die dann vor den ersten Gästen noch mal putzen kommt. Die Überfahrt mit der Fähre war wunderbar gemütlich und wir überraschten Anita mit Plätzen im Schiffsrestaurant, wo man die ganze Überfahrt am Buffet essen kann.

Frieder und Anita im Schiffsrestaurant

Frieder und Anita im Schiffsrestaurant

Im Auto wurde geschlafen, geschwatzt und gesungen, insbesondere nach Mitternacht, als wir unser gesamtes Repertoire an Geburtstagsliedern für Flora erklingen ließen.

Für Kopenhagen hatte Lisanne nach einer billigen Übernachtung gesucht und das Airport Hostel gefunden, wie der Name schon sagt, gleich um die Ecke beim Flughafen. Kurz nach 1 Uhr morgens waren wir dort – und sollten bar mit dänischen Kronen bezahlen! Zum Glück konnten wir das gegen die Abgabe von Lisannes Pass als Pfand bis zum etwas späteren Morgen herauszögern und erst mal schlafen gehen. Wir bekamen die letzten sechs Betten in einem 10-Mann-Zimmer unterm Dach. Bäder gab es genau eines für alle Gäste der oberen Etage. Die Betten waren nagelneue IKEA-Doppelstockbetten mit den dünnsten Schaumgummimatratzen, die sich finden lassen. Aber ob man nun nicht gut schlafen konnte, weil der Lattenrost drückte, weil man Panik hatte, dass der Pass über Nacht verloren ging, weil der Schläfer im Bett über einem gerade wilde Träume hatte oder einfach vor Reisefieber, das war ganz verschieden von Person zu Person. Lisanne war jedenfalls froh, als sie endlich aufstehen durfte.

Nicht weit von der dringend benötigten Tankstellen fanden wir auch einen Geldautomaten und so kamen wir pünktlich und erleichtert viel zu früh am Flughafen an. Dort frühstückten wir erst mal ganz gemütlich und noch zusammen mit Anita bei Starbucks, nachdem wir die Koffer abgegeben hatten. 90 kg Gepäck haben wir zusammen, also sind noch 10 kg übrig für Mitbringsel! (Da ist das Handgepäck mit Computern und Kamera noch nicht mitgerechnet…)

Danach fuhr Anita mit unserem Auto nach Hause und wir gingen durch die Sicherheitskontrolle in den Abflugbereich. Felix piepte schrecklich und musste extra kontrolliert werden. Im Duty-Free gab es ein kostenloses Kickerspiel, das wir mit Begeisterung ausprobierten. Außerdem kaufte Flora sich noch einen Mini-Wecker als Geschenk von dem Geld, das Anita ihr zum Geburtstag gegeben hatte.

Und dann ging es endlich los nach London!

Fotos gibt es hier!


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